Initiatoren des Transparenzgesetzes diskutierten am Montag mit Urs Tabbert, MdHB
Es waren nicht alle begeistert, als die Initiative Transparenz schafft Vertrauen im Juli 2011 ihren ersten Gesetzesentwurf präsentierte, erinnerte sich Urs Tabbert, Bürgerschaftsabgeordneter der SPD-Winterhude und Fachsprecher für Justiz. „Spätestens nach der Expertenanhörung im Justizausschuss war dann aber allen klar, dass es kein Zurück mehr gibt und Hamburg die Chance nutzen sollte, eine bundesweite Vorreiterrolle zu spielen“, so Tabbert. Das Gesetz macht bisher unzugängliche Daten aus Politik und Verwaltung für alle Interessenten öffentlich – ab 2014 sogar in einem Informationsregister im Internet. Das bedeutet faktisch die Abschaffung des Amtsgeheimnisses.
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte, Prof. Dr. Johannes Caspar, brachte es auf den Punkt: „Hamburg ist die Premiumklasse der Informationsfreiheit.“ Es sei unverständlich, warum es in Deutschland eine Dreiklassen-Gesellschaft der Bürgerinformation gebe: Länder ohne Informationsfreiheitsgesetz, Länder mit Informationsfreiheitsgesetz, nach dem die Bürger Informationen von der Verwaltung nur auf Antrag erhalten können und Länder wie Berlin, Bremen und Hamburg mit dem bald umfangreichsten Informationsregister Deutschlands. Wie Caspar touren auch Gerd Leilich (Transparency International), Michael Hirdes (Chaos Computer Club) und Daniel Lentfer (Mehr Demokratie) quer durch die Republik, um Werbung für den Hamburger Weg zu machen. Leilich, Hirdes und Lentfer zeigten sich als Vertreter der Initiative sehr zufrieden mit der Umsetzung ihres Anliegens und der Zusammenarbeit in den Bürgerschaftsgremien. „Wir brauchten mehrere Nachtsitzungen, um mit der Ini auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen“, so Tabbert, „aber der Aufwand hat sich gelohnt.“ Mehr öffentliche Kontrolle der Verwaltung, Verhinderung von Korruption und Steuerverschwendung, bessere Recherche-Möglichkeiten für Behörden und Presse – all diese Vorteile des neuen Gesetzes stellten die Initiatoren ins Zentrum. „Transparenz ist gerade im digitalen Zeitalter zentraler Bestandteil einer modernen Demokratie“, erläuterte Johannes Caspar, „wenn der politische Wille da ist, dann geht das auch im Bund.“
Zwei Jahre hat Hamburg jetzt Zeit, das Informationsregister technisch zu realisieren. „Da werden wir natürlich weiter ein Auge drauf haben, auch bei den Kosten der Umsetzung“, mahnte Michael Hirdes.
Die nächste Veranstaltung zum Transparenzgesetz findet am Montag, 29.10. ab 19 Uhr im Julius-Leber-Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung, Rathausmarkt 5, statt (s.u.).
Eine Diskussion über den Nutzen und Schaden des Transparenzgesetzes
Hamburger Botschaft, Sternstraße 67, 20357 Hamburg, 29.10.2012, 19 Uhr
Am 6. Oktober ist in Hamburg das Transparenzgesetz in Kraft getreten – eine Innovation, denn es handelt sich um das erste und weitgehendste Gesetz zu Informationsrechten in Deutschland. Aber ist es auch visionär? Oder geht es zu weit und ist überstürzt?
In Zukunft müssen zum Beispiel Senatsbeschlüsse, Haushaltspläne der Behörden, Baugenehmigungen, Wirtschaftsdaten der städtischen Unternehmen oder Zuwendungsvergaben öffentlich gemacht werden. Verträge werden 30 Tage im Internet einsehbar sein, bevor sie rechtswirksam werden.
„Ein Quantensprung auf dem Weg zu einer offenen Gesellschaft“ sagt die Initiative „Transparenz schafft Vertrauen“, die das Gesetz durch ein Bürgerbegehren erwirkt hat. Die Handelskammer hält dagegen, dass durch das Gesetz „ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit“ geschaffen wird. Die Bürgerschaft hat es mit den Stimmen aller fünf Fraktionen beschlossen.
Die Behörden müssen das Gesetz nun umsetzen. Gut drei Wochen nach der Einführung des Transparenzgesetzes wollen wir mit unseren Gästen eine erste Einschätzung wagen, was dieses Gesetz für die Bürgerinnen und Bürger bringt und für die Unternehmen und die Stadt bedeutet.
Diskussion mit
Dr. Ralf Kleindiek, Staatsrat der Justizbehörde Hamburg
Daniel Lentfer, Landesgeschäftsführer „Mehr Demokratie e. V.“
Dr. Dirck Süß, Abteilungsleiter Handelskammer Hamburg
Urs Tabbert, Fachsprecher für Justiz der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft
Moderation
Sven-Michael Veit, taz Nord
Wir bitten um Anmeldung bis zum 26.10.2012.
Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenfrei.
Diese Veranstaltung wird gefördert durch die Landeszentrale für politische Bildung der Freien und Hansestadt Hamburg. Bitte wenden Sie sich an das Julius-Leber-Forum, wenn Sie Fragen zur barrierefreien Durchführung der Veranstaltung haben.